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Auszug aus
Ausgabe 180
April 1999
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Interview mit Gerhard Syring-Lingenfelder
Herr Syring-Lingenfelder, was hat Sie bewogen, sich um den Posten des Ortsvorstehers von Duttweiler zu bewerben?

Seit fast fünf Jahren befindet sich die FWG in Duttweiler nun in der ungewöhnlichen Rolle der – wenn man so will – Opposition. Unser Ziel war aber von vornherein eine konstruktive Mitarbeit im Ortsbeirat. Leider hat sich das anders entwickelt, wie wir uns das erhofft haben, uns blieb letztlich nicht viel mehr, als Kritik zu üben. Auf unsere Ideen und Vorschläge wurde kaum eingegangen, oftmals wurden wir einfach vor vollendete Tatsachen geschaffen. Das ist eine unbefriedigende Situation. Jetzt haben wir die Möglichkeit – wenn der Wähler es will – wieder die Verantwortung zu übernehmen. Jetzt heißt es auch für uns, Farbe zu bekennen. Die Zeit ist auch in Duttweiler reif für eine Wende.

Das heißt, in Zukunft wird also alles besser, wenn Sie gewählt werden?

Besser oder schlechter ist immer eine Frage des jeweiligen Standpunktes. Ich will es einmal so formulieren: Es wird einiges anders werden.

Nennen Sie uns Beispiele

Ich gewann in letzter Zeit den Eindruck, der Ortsbeirat ist nur ein notwendiges Übel. Er wird vielleicht noch – wenn überhaupt – bei Arbeitseinsätzen gebraucht, sein äRat" ist aber eher lästig. Es wäre wesentlich effektiver, auch die einzelnen Ratsmitgliedern mit eigenverantwortlichen Aufgaben zu betrauen, so wie dies im Moment beispielsweise beim Seniorennachmittag praktiziert wird. Vor allem müssen die Bürger rechtzeitig in die Entscheidungsfindung eingebunden werden, wenn es um ihr Geld geht. Das Beispiel Demantstraße zeigte überdeutlich, wie man in einer Demokratie auf keinen Fall verfahren soll (Anmerkung der Redaktion: Der Neustadter berichtete in der Ausgabe vom Mai 1998). So verlieren die Bürger das Vertrauen in die Politik. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sollten an erster Stelle stehen. Man muß auch bereit sein, andere Meinungen zu akzeptieren und Fehler einzugestehen.

Kritik ist eine Sache, Lösungen eine andere. Wie sieht es damit aus?

In der Regel gibt es natürlich keine Patentrezepte. Wir in der FWG machen uns aber schon Gedanken um alternative Lösungen. Am Beispiel der Schilder an den Ortseingängen habe ich dies zum Beispiel aufgezeigt. Ob dies letztendlich der Weisheit letzter Schluß war, weis ich nicht. Vielleicht hat jemand eine noch bessere Lösung parat. Deshalb ist es wichtig, daß solche Sachen keine einsamen Entscheidungen des Ortsvorstehers sind, sondern in einem breiteren Kreis diskutiert werden. Gerade wenn es um Angelegenheiten geht, die das Dorfbild nachhaltig und auf längere Zeit verändern, ist es wichtig, daß dies von einer breiten Basis mitgetragen und akzeptiert wird.

Wie stellen Sie sich das vor?

Es wäre wichtig, einen regelmäßig stattfindenden Stammtisch oder runden Tisch zu veranstalten. An diesem Tisch sollten beispielsweise die Vereine, die Betreiber der Ausschankstellen an Kerwe und Weinfest, die Ortsbeiräte und auch interessierte Bürger sitzen. Auch wenn der Kreis letztlich doch sehr breit gefaßt ist, denke ich, daß dort die eine oder andere Idee geboren werden kann.

Sehen Sie hier konkreten Handlungsbedarf?

Ja. Es gibt in Duttweiler eine Vielzahl von Vereinen und Interessengruppen, die letztendlich alle ein gemeinsames Ziel haben: Sie wollen zur Förderung der dörflichen Struktur beitragen und den Bürgern eine Plattform bieten, auf der diese ihren Interessen nachgehen können. Leider ist es ein Zeichen der Zeit, daß sich immer weniger bereit finden, ehrenamtlich tätig zu werden. Die Kräfte müssen deshalb gebündelt werden, die Vereine dürfen nicht kontraproduktiv arbeiten. Das heißt, es muß eine eindeutige Terminabsprache geben, vorstellbar sind auch gemeinschaftliche Veranstaltungen der Vereine. All dies könnte beispielsweise in den regelmäßig stattfindenden Treffen besprochen werden.

Sie haben ja auch schon neue Ideen für Kerwe und Weinfest entwickelt.

Wir haben das Konzept einmal äKerwe 2000" genannt, wobei die 2000 nicht unbedingt für das Jahr sondern eher für das beginnende Jahrtausend steht. Ich bin der Ansicht, daß sich an den Konzepten für die Kerwe kurzfristig, für das Weinfest mittelfristig etwas ändern muß, wenn die beiden Feste weiterhin Bestand haben sollen. Vor allem das Weinfest war lange Zeit ein Selbstläufer. Inzwischen ist es eines von Vielen und wenn es sich am äMarkt" – ich wähle den Begriff äMarkt" bewußt – behaupten soll, muß es sich von den anderen abheben. Zur Zeit herrscht auf diesem Markt ein Verdrängungswettbewerb, dem in den nächsten Jahren sicher einige Feste zum Opfer fallen werden. Unsere Ideen sind sicher nicht von heute auf morgen umzusetzen, teilweise sind sie sogar eher Visionen, aber auch hier war unser Bestreben in erster Linie, eine Diskussion anzustoßen.

Viele Diskussionen gab es auch um das Neubaugebiet Achtzehnmorgenpfad.

Nach langer Zeit des Stillstands ist die Sache jetzt endlich wieder in Bewegung geraten. Ich bin der Ansicht, daß mit etwas mehr Engagement von allen Seiten das Neubaugebiet schon einen entscheidenden Schritt weiter sein könnte. Wir haben unsere Möglichkeiten ausgenutzt, aber manchmal fühlte ich mich sprichwörtlich wie der einsame Rufer in der Wüste. Ich will aber auch nicht verhehlen, daß es keinen Sinn macht, ein neues Baugebiet zu erschließen, das nicht in absehbarer Zeit zugebaut wird. So gibt es im letzten Baugebiet Mandelbergstraße ebenso wie im gesamten Dorf immer noch Lücken, die zugebaut werden können. Ich wünsche mir, das es im Achtzehnmorgenpfad anders aussieht und die Grundstücksbesitzer ihren sicherlich wertvollen Besitz auch an Bauwillige weitergeben. Die Ressource an Bauplätzen ist nicht unerschöpflich – und hier gehe ich mit dem OB konform – eine Ausweitung des Dorfes muß sehr sanft verlaufen, damit Duttweiler nicht sein Gesicht verliert.

Welches neue Gesicht soll denn der Achtzehnmorgenpfad bekommen?

Bis ein Neubaugebiet optisch in das Kerndorf integriert ist, vergeht eine ganze Generation. Aber wir haben jetzt die historische Möglichkeit, zumindest in Neustadt wieder einmal ein Vorzeigeobjekt zu realisieren. Energiebewußtes Bauen ist heutzutage eine Selbstverständlichkeit. Wir können aber noch einen Schritt weitergehen. Ich denke beispielsweise an Solaranlagen, Regenwassernutzung, ein Blockheizkraftwerk oder die dezentrale Klärung der Abwässer. Die Technologie ist vorhanden – jetzt muß sowohl von der politischen Seite wie auch von den zukünftigen Bauherren der Wille gezeigt werden, dies auch umzusetzen. Es wäre sicher eine interessante Sache und eine Herausforderung für die Beteiligten.

Denken Sie dabei auch an die lokale Agenda 21?

Das ist immer noch ein sehr abstrakter Begriff, der erst noch mit Leben gefüllt werden muß. Es ist sicher ein erster Schritt in diese Richtung. Wir können in Duttweiler bestimmt nicht das Klimaproblem lösen, aber wir können durchaus Zeichen setzen. Auch wir sollten zeigen, daß wir nicht hemmungslos die Ressourcen verschwenden.

Sie spielen hier sicher auf die Illumination der Duttweiler Kirchtürme an, zu der Sie schon eindeutig Stellung bezogen haben. Gehen bei einem Ortsvorsteher Syring-Lingenfelder die Lichter wieder aus?

Nein. Aber sie werden nicht mehr die ganze Nacht brennen. Auch wenn der Energieverbrauch vielleicht nicht ins Gewicht fällt, sollte gerade die öffentliche Verwaltung mit gutem Beispiel vorangehen. Man darf nicht Wasser predigen und Wein trinken. Wer von Ökologie spricht, muß auch zeigen, daß er es ernst damit meint.

Stichwort Energiesparen. Die Festhalle ist im letzten Jahr in die Schlagzeilen gekommen, weil viel Energie verbraucht wurde. Sehen Sie hier Möglichkeiten?

Die Festhalle ist fast täglich belegt und muß demnach auch mehr geheizt werden als die Hallen in anderen Ortsteilen. Zudem ist unsere Festhalle sehr hoch, was einige Vorteile hat, aber eben auch den Nachteil eines hohen Wärmebedarfs.

Sie haben bestimmt wieder eine Idee.

Uns schwebt vor, eine zusätzliche isolierte Decke direkt unter den Querträgern einzuziehen. Der Verlust an Raumhöhe hat bei dieser Lösung keinerlei Auswirkungen, gleichzeitig schlagen wir mehrere Fliegen mit einer Klappe. Zum ersten werden die Heizkosten geringer, weiterhin können in die Decke zusätzliche Leuchten eingebaut werden, die eine individuellere Ausleuchtung zulassen. Letztendlich verspreche ich mir eine deutliche Verbesserung der Akustik und der Optik. Ob die derzeit aufgehängten Hartschaum-Platten die Akustik verbessern, kann ich nicht beurteilen, dem guten Aussehen dienen sie auf keinen Fall.

Gibt es noch mehr Dinge, die in naher Zukunft anstehen?

Davon gibt es noch jede Menge. Ich will hier nur zwei Dinge aufgreifen: Der Dorfplatz soll demnächst umgestaltet werden, dafür gibt es schon konkrete Pläne. Den dort befindlichen Spielplatz kann man eigentlich nicht mehr als solchen bezeichnen. Nach unseren Vorstellungen darf er bei der Umgestaltung nicht verschwinden, sondern muß ebenfalls in die Planung einbezogen werden und von Grund auf neu gestaltet werden. Ein dringendes Problem ist in unseren Augen auch ein fehlender Treffpunkt für die Jugendlichen. Auch hier wir suchen wir nach einer Möglichkeit, dieses Problem zu lösen

Was haben Sie sich sonst noch vorgenommen?

Eine Aufgabe wird es sicherlich sein, vorhandene Barrieren abzubauen. Die Duttweiler müssen wieder alle an einem Strang ziehen, und zwar in die gleiche Richtung. Das Bürgerengagement muß noch mehr ausgebaut und auf mehr Schultern verteilt werden. Die Helfer sollten sich bewußt machen, daß sie ihren Einsatz nicht für den Ortsvorsteher oder einen Verein bringen, sondern letztendlich für das Dorf und damit für ihre Mitbürger.

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